Pilotprojekt zur Provenienzforschung in Südniedersachsen endet
Die Ergebnisse des vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg geförderten Projekts „Erst-Check in fünf Stadt- und Regionalmuseen – ein Pilotprojekt zur Provenienzforschung in Südniedersachsen“ präsentierte heute der Landschaftsverband Südniedersachsen e. V.
„In vier der fünf Museen wurden verdächtige Objekte dokumentiert. Im fünften, Clausthal-Zellerfeld, konnte der Verdacht der Arisierung eines Grundstücks durch das Museum entkräftet werden“, erklärte Dr. Christian Riemenschneider in seinem Vortrag über die Ergebnisse seiner Provenienzrecherche. Er führte weiter aus: „Der Großteil der verdächtigen Objekte ist in der NS-Zeit in das Museum gekommen. In Alfeld wurden darüber hinaus möglicherweise geschmuggelte Ethnografica und in Duderstadt Kirchenausstattungsgegenstände aus der DDR festgestellt. Allen Kontexten gemeinsam ist die Zwangslage, in der die Inbesitznahme durch die Geber oder das Museum möglicherweise erfolgte. In der NS-Zeit sind es hauptsächlich Eingänge aus linkspolitischen bzw. -kulturellen Verbänden, von jüdischen Familien oder Institutionen, den Freimaurern, katholischen Einrichtungen und aus weiteren „volks- oder staatsfeindlichen“ Zusammenhängen. Auch von Einzelpersonen aus den genannten Kontexten wurden Objekte dokumentiert.“
Riemenschneider erläuterte seine Vorgehensweise wie folgt: „Verdächtige Objekte sowie solche mit unklarer Provenienz, besonders zwischen 1933-45, aber auch danach, wurden dokumentiert. Im Fall positiver Befunde wird ein Anschlussprojekt anvisiert, das die Verdachtsfälle möglichst klärt bzw. eine angemessene weitere Vorgehensweise ermöglicht (Restitution, Bekanntmachung auf Lost Art o. ä.). Die Ergebnisse werden publiziert“, so der Provenienzforscher weiter.
„Das Modell des ‚Erst-Checks‘ zur Überprüfung von Museumssammlungen auf Verdachtsmomente hat sich ein weiteres Mal bewährt. So können auch kleinere Museen, die auf Grund ihrer personellen und finanziellen Ausstattung nicht in der Lage sind, eigene Forschungen zu ihren Sammlungsbeständen durchzuführen, dennoch ihre Verpflichtungen erfüllen, Objekte zu identifizieren, die nach 1933 unrechtmäßig in ihren Besitz gelangten", merkte Dr. Uwe Hartmann, Fachbereichsleiter Provenienzforschung am Deutschen Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg an.
Teilnehmende Museen waren das Stadtmuseum in Alfeld, das Heimatmuseum in Duderstadt, das Stadtmuseum Einbeck und das Städtische Museum in Hann. Münden sowie das Oberharzer Bergwerkmuseum in Clausthal-Zellerfeld.
Vergleichbare Projekte gibt es bereits in Brandenburg und erstmalig auch in Mecklenburg-Vorpommern sowie in Sachsen-Anhalt.