Münchner Stadtmuseum restituiert eine spätmittelalterliche Apostelfigur
Das Münchner Stadtmuseum restituiert eine spätmittelalterliche Apostelfigur an die Erben des Münchner Antiquars Jacques Rosenthal (1854-1937). Recherchen des Münchner Stadtmuseums in Kooperation mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte kamen zu dem Ergebnis, dass die Figur Jacques Rosenthal 1938 verfolgungsbedingt entzogen worden war. Das Stadtmuseum hatte die Figur am 2. Dezember 1938 auf einer Auktion des Münchner Kunsthauses Adolf Weinmüller erworben. Der Apostel war im Auktionskatalog mit dem Einlieferer-Kürzel „R. in M.“ ausgewiesen. Untersuchungen haben nun ergeben, dass die Skulptur einst Eigentum des als Juden verfolgten Münchner Antiquars Jacques Rosenthal war.
Rosenthal stammte aus einer international berühmten Dynastie von jüdischen Antiquaren. Zu seiner Kundschaft gehörte auch König Ludwig II.. Seit den 1910er Jahren unterstützte der Sohn Erwin Rosenthal (1889-1981) seinen Vater in der Leitung des Geschäfts. Seit Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft 1933 war die Familie Rosenthal antisemitisch motivierten Angriffen ausgesetzt, durch die der Geschäftsbetrieb erheblich litt. Im Juli 1935 sah sich die Familie gezwungen, ihr Haus an die Deutsche Arbeitsfront zu verkaufen. Wenig später folgte der Ausschluss aus der Reichskammer der Bildenden Künste, was einem Berufsverbot gleichkam. Die Inhaber wurden aufgefordert, das Geschäft zu schließen und die Bestände innerhalb von vier Wochen zu veräußern. Erwin Rosenthal verkaufte daraufhin das Antiquariat an seinen Mitarbeiter Hans Koch und emigrierte im März 1936 nach Florenz. Seine Eltern Jacques und Emma Rosenthal wohnten fortan im Münchner Hotel Regina, wo Jacques Rosenthal im Oktober 1937 starb. Zwischen 1936 und 1938 wurde ein Großteil ihrer Kunstsammlung über die Kunsthandlung Julius Böhler und das Kunsthaus Adolf Weinmüller zum Verkauf angeboten, darunter auch die nun restituierte Apostelfigur.
Der NS-verfolgungsbedingte Entzug konnte mithilfe der Expertise aus dem Forschungsprojekt „Rekonstruktion der privaten Kunstsammlung von Jacques, Emma und Erwin Rosenthal“ am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München zweifelsfrei nachgewiesen werden. Dieses Projekt wurde vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert. Durch die Vermittlung des Holocaust Claims Processing Office (HCPO) in New York entstand ein vertrauensvoller Dialog mit den Nachfahren der Familie Rosenthal, sodass die Restitution sowie der anschließende Rückkauf der Figur vereinbart und damit eine "faire und gerechte Lösung" im Sinne der „Washington Prinzipien" umgesetzt werden konnte. Der Rückkauf wird durch den Verein Freunde des Münchner Stadtmuseums ermöglicht.
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie auf der Website des Zentralinstituts für Kunstgeschichte.
Münchner Stadtmuseum restituiert eine spätmittelalterliche Apostelfigur an die Erben des Münchner Antiquars Jacques Rosenthal.
Quelle: © Münchner Stadtmuseum