Provenienzrecherche Gurlitt
Das Projekt „Provenienzrecherche Gurlitt“ erforschte bis zum 31. Dezember 2017 als Nachfolgeprojekt der Taskforce "Schwabinger Kunstfund" die Herkunft (Provenienz) der seit 2012 bei Cornelius Gurlitt (1932-2014) aufgefundenen Kunstwerke. Außerdem wurden umfangreiche Materialien aus dem schriftlichen Nachlass inventarisiert und erschlossen. Das Ziel der Provenienzforschung war die Klärung der historischen Eigentumsverhältnisse der verdächtigen Kunstwerke, um herauszufinden, ob es sich um NS-Raubkunst handelt und wem das Werk gegebenenfalls NS-verfolgungsbedingt entzogen wurde. Die Arbeit erfolgte auf Basis der 2014 geschlossenen Vereinbarung von Bund, dem Freistaat Bayern und der Stiftung Kunstmuseum Bern (Vereinbarung).
Das Projekt war vom 01. Januar 2016 bis 31. Dezember 2017 in der Trägerschaft der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste angesiedelt. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.
Bis Ende 2017 waren die 1.566 Kunstwerke bzw. Konvolute des Kunstfunds Gurlitt von Taskforce und Projekt bearbeitet. In der Gesamtschau der Kunstwerke zeigt sich, dass es sich weniger um die anfangs vermutete hochkarätige und milliardenschwere Kunstsammlung handelte, sondern um eine Mischung aus Familienerbe und Händlerbestand. Sie enthält einige sehr qualitätsvolle und herausragende Werke, der Großteil besteht jedoch aus Arbeiten auf Papier, darunter ein großer Anteil serieller Grafik.
Hinsichtlich der Provenienzfeststellung wurde eine endgültige Einordnung der Kunstwerke nach den Kriterien der Vereinbarung (Ampelsystem: rot, gelb, grün; Definition siehe Arbeitsergebnisse) durchgeführt. Diese erfolgte nach Abschluss eines Review-Verfahrens (für Details siehe Methodik, Punkt 6.) und dem Vorliegen der Abschlussvermerke. Die Verfahren sowie weitere Dokumentationsaufgaben wurden durch die Projekte „Reviews, Dokumentation und anlassbezogene Forschungsarbeiten zum Kunstfund Gurlitt“ (01.01. bis 31.12.2018) und "Publikation und Ergebnisdokumentation zum Kunstfund Gurlitt (01.01. bis 31.12.2019) zum Abschluss gebracht.
Im Mai 2020 ist in der Schriftenreihe Provenire des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste der Band „Kunstfund Gurlitt – Wege der Forschung“ erschienen. Er gibt bedeutende Einblicke in Strukturen, Rahmenbedingungen und Quellen des NS-Kunstraubs. Ausgewählte Beiträge veranschaulichen Wege der Forschung, ihre Erfolge, Herausforderungen und Grenzen, aber auch grundlegende Erkenntnisse zu Märkten und Akteuren in den zwischen 1939 und 1945 von deutschen Truppen besetzten Ländern.
Film zum "Kunstfund Gurlitt"Ansprechpartner für Anfragen zum Bestand "Kunstfund Gurlitt" ist die Kunstverwaltung des Bundes:
Kunstverwaltung des Bundes
DGZ-Ring 12
13086 Berlin
E-Mail: provenienzforschung@kvdb.bund.de
Website: kunstverwaltung.bund.de
Hintergrund
2013 wurde nach Bekanntwerden des Kunstfundes bei Cornelius Gurlitt im November die Taskforce "Schwabinger Kunstfund" gegründet, die bis zum 31. Dezember 2015 arbeitete.
Da Cornelius Gurlitts Vater – Dr. Hildebrand Gurlitt (1895–1956) – als ein Kunsthändler in der NS-Zeit mit der „Verwertung“ der „Entarteten Kunst“ beauftragt und auch als einer der wichtigsten Einkäufer für die NS-Führung tätig war, galt es, die Herkunftsgeschichte von Kunstwerken aus seinem Bestand zu erforschen.
Im April 2014 erklärte sich Cornelius Gurlitt in einer Vereinbarung mit dem Bund und dem Freistaat Bayern einverstanden, die Provenienzrecherche durchführen zu lassen und gerechte und faire Lösungen, insbesondere die Restitution von NS-Raubkunst nach der deutschen Auslegung der Washingtoner Prinzipien anhand der Gemeinsamen Erklärung zu ermöglichen. Bevor er im Mai 2014 starb, setzte Cornelius Gurlitt die Stiftung Kunstmuseum Bern als Erbin ein.
Diese bekannte sich in einer Vereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland und dem Freistaat Bayern vom 24. November 2014 ebenfalls zu einer umfassenden und transparenten Aufklärung der Provenienzen der Werke und gegebenenfalls zu einer Restitution gemäß der Washingtoner Prinzipien. Die Vereinbarung sieht ein Wahlrecht der Stiftung Kunstmuseum Bern vor, Werke, für die sich die Provenienz nicht hinreichend klären lässt (weder erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit NS-Raubkunst noch frei von NS-Raubkunstverdacht), zu übernehmen oder dem Bund zu überlassen. Diejenigen Werke, die nach Ausübung des Wahlrechts beim Bund verbleiben, gehen in den Bestand der Kunstverwaltung des Bundes über.
Der gesamte Nachlass an Kunstwerken ist in einer Datenbank der Stiftung Kunstmuseum Bern einsehbar. Dort ist auch verzeichnet, inwieweit die Stiftung Kunstmuseum Bern das Wahlrecht ausgeübt hat.
Die dem Bund überlassenen Werke finden sich zudem in der Provenienzdatenbank.Bund der Kunstverwaltung des Bundes. Sie bleiben darüber hinaus als Fundmeldungen in der Lost Art-Datenbank publiziert. Die Forschungsergebnisse werden fortlaufend überprüft und aktualisiert. Sollte sich anhand neuer Erkenntnisse herausstellen, dass ein Werk erwiesenermaßen oder mit hoher Wahrscheinlichkeit NS-Raubkunst ist, wird es an die Berechtigten restituiert.