Bei NS-Raubgut handelt es sich um zwischen 1933 und 1945 verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Der Begriff ist national bzw. international nicht (juristisch) verbindlich definiert.
1. Ein Kulturgut ist regelmäßig ein Gegenstand von historischer, künstlerischer oder anderer kultureller bzw. identitätsstiftender Bedeutung wie etwa ein Kunstwerk oder ein Buch. Auch (ehemalige) Alltagsgebrauchsgegenstände (bspw. Tellerservice) können nach mehreren Jahrzehnten als Kulturgut betrachtet werden. Im Zusammenhang mit NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut wird der Begriff weit gefasst. Bedeutend ist die Herkunft und das Schicksal des beraubten Eigentümers und nicht der materielle oder (kunst-)historische Wert des Gegenstandes.
2. Im Hinblick auf den NS-verfolgungsbedingten Entzug wurden in der Handreichung (PDF, 1 MB) in Form einer "Orientierungshilfe" die folgenden leitenden Überlegungen zur Prüfung eines verfolgungsbedingten Entzugs formuliert: (1.) Wurde der Antragsteller bzw. sein Rechtsvorgänger in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus, aus rassistischen Gründen oder Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt? (2.) Erfolgte im maßgeblichen Zeitraum ein Vermögensverlust durch Zwangsverkauf, Enteignung oder auf sonstige Weise und wie ist die Beweislastverteilung hinsichtlich der Verfolgungsbedingtheit des Verlustes? (3.) Kann die Vermutungsregelung bei rechtsgeschäftlichen Verlusten durch den Nachweis widerlegt werden, dass der Veräußerer einen angemessenen Kaufpreis erhalten hat und dass er über ihn frei verfügen konnte und – bei Veräußerungen ab dem 15. September 1935 (mit der Verkündung der „Nürnberger Gesetze“) – dass der Abschluss des Rechtsgeschäftes seinem wesentlichen Inhalt nach auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus stattgefunden hätte oder die Wahrung der Vermögensinteressen des Verfolgten in besonderer Weise und mit wesentlichem Erfolg vorgenommen wurde, z. B. durch Mitwirkung bei einer Vermögensübertragung ins Ausland?
In den europäischen und außereuropäischen Staaten, die keine Verbündeten des Deutschen Reichs waren und die den Verfolgten Exil boten, veräußerten aus Deutschland Geflüchtete oder Vertriebene zwischen 1933 und 1945 vielfach Kulturgut, das sie aus Deutschland hatten ausführen können. Diese Objekte werden häufig als „Fluchtgut“ bezeichnet. Der Umgang mit Verkäufen im Exil wird bislang unterschiedlich gehandhabt und ist aktuell Gegenstand fachlicher und politischer Debatten (vgl. Leitfaden (PDF, 2 MB), S. 18).
„Beutegut“ im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg liegt vor, wenn ein Kulturgut im Krieg oder infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen widerrechtlich entzogen bzw. verbracht oder verlagert wurde. Bei dem Kulturgut wird es sich um einen Gegenstand von historischer, künstlerischer oder anderer kultureller bzw. identitätsstiftender Bedeutung wie etwa ein Kunstwerk oder ein Buch handeln. Aber auch Alltagsgebrauchsgegenstände (z. B. Bestecke) können nach mehreren Jahrzehnten als Kulturgut betrachtet werden. Rechtlich maßgeblich ist unter anderem Art. 56 der Haager Landkriegsordnung von 1907.
Das Wort Provenienz stammt vom Lateinischen provenire und bedeutet „hervorkommen, entstehen“. Die Provenienzforschung (auch Provenienzrecherche, Provenienzerschließung oder Herkunftsforschung) untersucht die Herkunft und verschiedenen Besitzerverhältnisse eines Kulturguts. Sie ist eine Teildisziplin insbesondere der Kunstgeschichte, wird aber auch von anderen wissenschaftlichen Bereichen betrieben. Die Provenienzforschung gehört zu den Kernaufgaben jeder kulturgutbewahrenden Institution.
Mit den Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung wurde die Notwendigkeit der Provenienzforschung insbesondere im Bereich "NS-Raubgut" national und international unterstrichen.