japanische Holzfiguren (Netsuke)
NS-Raubgut

Acht japanische Holzfiguren restituiert

Kunstobjekte aus der Sammlung Herbert Ginsberg gehen an die Nachfahren zurück

Acht kleine japanische Holzfiguren (Netsuke) sind an die Nachfahren des Ostasiatica-Sammlers Herbert Ginsberg (1881-1962) restituiert worden. Sie waren 1942 durch NS-Funktionäre in den Niederlanden beschlagnahmt worden. Bis in die 1980er Jahre gehörten sie dann zu einer Privatsammlung in Wolfenbüttel, von wo sie in eine andere norddeutsche Sammlung gelangten. Die Objekte waren Anfang des Jahres 2022 im Auktionshaus Nagel zum Verkauf angeboten worden. Die Rückgabe erfolgte durch das Auktionshaus Nagel an die rechtmäßigen Erben vertreten durch Dodi Reifenberg.

Herbert Ginsberg kam aus einer jüdischen Familie, die durch die Textilindustrie in Polen und die Gründung der Privatbank Gebrüder Ginsberg (1866-1938) zu Wohlstand gekommen war. Seine Sammlung ostasiatischer Kunst hatte er Anfang des 20. Jahrhunderts zusammengetragen. In Begleitung seines älteren Bruders reiste er 1908 für mehrere Monate nach Ostasien, wo er den Hauptbestand erwarb. Durch europaweite Ankäufe baute er ihn bis in die 1930er Jahre weiter aus.

Ginsberg engagierte sich in den entsprechenden Fachkreisen, war 1926 Gründungsmitglied der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst in Berlin und bis zu seinem Ausschluss im April 1938 ihr Schatzmeister.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 geriet das Leben der Ginsbergs ins Wanken. Im Juli 1938 musste Herbert Ginsberg mit seiner Frau Olga, geb. Lachmann, und seiner Tochter überstürzt die Villa am Kleinen Wannsee verlassen und flüchtete zu Verwandten nach Basel, von wo aus die Familie versuchte, an Ausreisedokumente  zu kommen. Es gelang jedoch nur der Tochter, ein Visum nach New York zu erhalten.

Herbert und Olga Ginsberg flüchteten mit einem Teil der Sammlung weiter in die Niederlande, wo sie vergeblich auf ein Visum nach Übersee hofften. Im August 1942 bekam das Paar einen Bescheid zum Abtransport ins Amsterdamer Ghetto, dem es durch Untertauchen entkam. Die Sammlung gab Ginsberg in die Obhut des Freundes und Geschäftspartners Johann Christiaan van Dijk in Rotterdam. Das Paar überlebte versteckt und unter falscher Identität die Shoah.  Die Sammlung jedoch wurde bei einer Durchsuchung in Van Dijks Geschäftsräumen vom Sicherheitsdienst der SS beschlagnahmt und durch den NS-Funktionär Karl August Schmidt in das Büro des SS-Sturmscharführers Friedrich Wilhelm Ohlendorf in Den Haag überführt. Es gibt Hinweise darauf, dass die Sammlung anschließend nach Deutschland gebracht wurde, wo sie größtenteils in Privatbesitz landete.

Seit drei Jahren recherchiert Laura-Marijke Hecker, eine freiberufliche Provenienzforscherin im Rahmen des „Ginsberg-Projektes“, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste finanziert wird, nach der verschollenen Ostasiatica-Sammlung.

Weitere Informationen finden Sie hier: https://ginsberg-pro.hypotheses.org/

Zum Projekt „Herbert Ginsbergs verschollene Ostasiatica Sammlung - eine Spurensuche zwischen 1942 und heute“

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Persönliche Rückgabe durch das Auktionshaus Nagel an die rechtmäßigen Erben vertreten durch Dodi Reifenberg. Links die freiberufliche Provenienzforscherin Laura-Marijke Hecker.