Schellackplatte
Koloniale Kontexte

Provenienzforschung zu Tondokumenten

Berliner Lautarchiv untersucht Aufnahmen afrikanischer Kriegsgefangener des Ersten Weltkriegs.

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste fördert von März 2024 bis Februar 2026 das Forschungsprojekt „Towards Sonic Resocialization” am Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin. Erstmals stehen damit nicht Objekte, sondern Tonaufnahmen im Mittelpunkt der Forschung. Das Lautarchiv untersucht seine Sammlung von Aufnahmen Kriegsgefangener des Ersten Weltkriegs, die in den Kolonien für die Armeen europäischer Mächte rekrutiert worden waren. Darunter befinden sich 456 Tondokumente von afrikanischen Gefangenen in deutschen Lagern.

Die digitalisierten Aufnahmen und die zugehörigen historischen Schriftdokumentationen sollen mit dem Institut Fondamental d‘Afrique Noire im senegalesischen Dakar sowie perspektivisch mit weiteren afrikanischen Archiven geteilt werden. In diesem Zuge werden auch die bisherigen Metadaten des Lautarchivs einer kritischen dekolonialisierenden Onomastik unterzogen, d.h. Herkunft, Struktur und Entwicklung von Eigennamen, die durch Kolonisierung entstanden, werden hinterfragt bzw. aufgearbeitet.

Besonders wichtig bei dem Projekt ist von Beginn an der Austausch und die Kooperation mit den jeweiligen Source Communities. Die Übersetzungen von Texten und Dokumentationen werden Menschen aus den Herkunftsländern übernehmen. Zudem wird Provenienzforschung zu den Herkunftsorten der Kolonialsoldaten durchgeführt und Forschung zu Nachfahr:innen betrieben.

Das Projekt möchte ein Modell für den Umgang mit kolonialem Erbe in Klangarchiven schaffen. Künftig soll dies nicht nur mit Aufnahmen von Sprecher:innen des afrikanischen Kontinents, sondern mit allen kolonialen Aufnahmen des Lautarchivs durchgeführt werden.

Mehr über das Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin erfahren Sie hier https://www.lautarchiv.hu-berlin.de/