Gemälde von Hans Wertinger: Pfalzgraf Philipp, Bischof von Freising, 1515
NS-Raubgut

Restitution von einem Gemälde und zwei Skulpturen

Bayerische Staatsgemäldesammlungen und Bayerisches Nationalmuseum restituieren an Nachfahren von Jakob Goldschmidt.

Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und das Bayerische Nationalmuseum haben ein Gemälde von Hans Wertinger („Pfalzgraf Philipp, Bischof von Freising“, um  1515) und zwei Nürnberger Holzskulpturen („Adam und Eva“, 16. Jh.) an die Erbinnen und Erben des Berliner Bankiers  Jakob Goldschmidt (1882-1955) restituiert. Das Gemälde war 1953 als Überweisung aus ehemaligem NS-Kunstbesitz an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen gekommen, die Skulpturen im gleichen Jahr vom Bayerischen Nationalmuseum im Tausch erworben worden.

Jakob Goldschmidt galt in der Weimarer Republik als ein „Mittelpunkt der Finanzwelt“. Seit dem Ersten Weltkrieg sammelte er Kunst in großem Umfang und unterstützte die Berliner Museen. Nachdem die Darmstädter und Nationalbank (Danat-Bank) im Zuge der Weltwirtschaftskrise 1931 zusammenbrach, wurde Goldschmidt als maßgebendes Vorstandsmitglied von den Nationalsozialisten für die folgende Bankenkrise (mit-)verantwortlich gemacht. Im April 1933 musste er in die Schweiz emigrieren. Von dort floh er 1936 nach New York. Goldschmidt erlitt erhebliche finanzielle Nachteile, u.a. durch die Verpflichtung zur Zahlung der Reichsfluchtsteuer. 1940 wurde ihm die deutsche Staatsangehörigkeit abgesprochen, ein Jahr später sein in Deutschland verbliebenes Vermögen eingezogen. Nur Teile seiner Kunstsammlung konnte er zunächst ins Ausland retten. Der Rest der Sammlung verblieb in Deutschland und wurde dort insbesondere 1936 und 1938 versteigert.

Das Gemälde von Hans Wertinger hatte Julius Streicher, NSDAP-Gauleiter für Mittelfranken, bei dem Frankfurter Auktionshaus Hugo Helbing 1936 erworben. Bei dieser Auktion kamen rund 300 Werke aus der Sammlung Goldschmidt anonym als „Kunstbesitz eines Berliner Sammlers“ zum Aufruf. Darunter waren auch die Skulpturen, die jedoch nicht verkauft wurden. Nach Kriegsende stellten amerikanische Streitkräfte das Gemälde im Haus von Julius Streichers Bruder Max in Deggendorf sicher. Am 2. Oktober 1946 überführten sie das Werk in den Central Collecting Point nach München. Da kein Restitutionsantrag gestellt wurde, konnte sich der Freistaat Bayern das Gemälde 1953 auf Grundlage der alliierte Kontrollratsdirektive Nr. 57 vom 15. Januar 1948 zu Eigentum übertragen und danach an die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen überweisen. Die 1936 nicht verkauften Skulpturen wurden 1938 vom Auktionshaus Lempertz in Köln erneut angeboten. Als nächste Provenienz ist der Kunsthändler Johannes Hinrichsen (vormals Berlin) in Bad Aussee bekannt, der sie vermutlich bei Lempertz ersteigert und an den Züricher Rüstungsfabrikanten und Kunstsammler Emil Bührle weiterverkauft hatte. 1953 erwarb das Bayerische Nationalmuseum von Bührle beide Skulpturen im Tausch.

Es ist eindeutig belegt, dass sich die finanzielle Situation Goldschmidts durch die Herrschaft des NS zusehends verschlechterte. Jakob Goldschmidt war gezwungen, die Verwertung eines Teils seiner Kunstsammlung hinzunehmen. Die Auktionen wären ohne die Herrschaft des NS nicht erfolgt und sind daher als Ausdruck eines verfolgungsbedingten Vermögensentzuges zu bewerten.

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„Adam und Eva“, Statuetten, wohl Nürnberg, um oder nach 1525, Birnbaumholz, farbig gefasst, 26,6 x 11,2 x 7,6 cm, 24,9 x 7 x 7,7 cm