NS-Raubgut

Rafael Cardoso in der digitalen Gesprächsreihe mit Nachkommen jüdischer Kunstsammler:innen 2022

Im zweiten Teil der digitalen Gesprächsreihe mit Nachkommen jüdischer Kunstsammler:innen 2022 am 25. Juli 2022 sprach Rafael Cardoso mit Catherine Hickley.

Ra­fa­el Car­do­so, ge­bo­ren in Bra­si­li­en, wuss­te lan­ge nichts vom Schick­sal sei­nes Ur­groß­va­ters Hu­go Si­mon. Erst nach­dem er im Nach­lass sei­ner Groß­el­tern in São Pau­lo ei­ne Kom­mo­de vol­ler Do­ku­men­te ge­fun­den hat­te, be­gann er, die Ver­fol­gungs­ge­schich­te sei­ner deutsch-jü­di­schen Fa­mi­lie auf­zu­ar­bei­ten. Der Ban­kier, Pa­zi­fist und Po­li­ti­ker Hu­go Si­mon (1880-1950) war im Ber­lin der 1920er Jah­re ein ein­fluss­rei­cher Mann; nach der No­vem­ber­re­vo­lu­ti­on 1918 wur­de er kurz­zei­tig so­gar preu­ßi­scher Fi­nanz­mi­nis­ter für die USPD. Bes­tens ver­netzt im Kul­tur­be­trieb, war Si­mon maß­geb­lich be­tei­ligt an der Ein­rich­tung der Neu­en Ab­tei­lung an der Na­tio­nal­ga­le­rie. Er selbst be­saß ei­ne der be­deu­tends­ten Kunst­samm­lun­gen in Ber­lin mit rund 200 Wer­ken. Als Hu­go Si­mon 1933 aus Deutsch­land flie­hen muss­te, konn­te er zwar den Groß­teil der Samm­lung ins Aul­sand brin­gen, muss­te aber ab 1934 suk­zes­si­ve Kunst­wer­ke ver­kau­fen und ver­lor an­de­re wäh­rend der deut­schen Be­sat­zung in Pa­ris. Am Kriegs­en­de im bra­si­lia­ni­schen Exil konn­te Hu­go Si­mon nur noch über we­ni­ge Wer­ke ver­fü­gen. Sein Ur­en­kel Ra­fa­el Car­do­so wid­met sich in ei­nem vom Zen­trum ge­för­der­ten Pro­jekt zu­sam­men mit dem Kunst­ge­schicht­li­chen Se­mi­nar der Uni­ver­si­tät Ham­burg der Re­kon­struk­ti­on der Samm­lung und der Su­che nach ih­rem Ver­bleib.

Prof. Dr. Ra­fa­el Car­do­so ist Kunst­his­to­ri­ker und Schrift­stel­ler und lebt heu­te in Ber­lin.
Ca­the­ri­ne Hick­ley schreibt als Jour­na­lis­tin u.a. für das „Art Newspa­per“ und die „New York Ti­mes“. Au­ßer­dem ist sie Chef-Ku­ra­to­rin des Be­rend Leh­mann Mu­se­ums in Hal­b­er­stadt.

Hin­weis: Das Ge­spräch fand in eng­li­scher Spra­che statt.