Deutsches Zentrum Kulturgutverluste bewilligt 2019 weitere 1,9 Millionen Euro für 25 Projekte der Provenienzforschung

Unter anderem wird der Verlust der Kunstsammlung des Mainzer Kommerzienrats Felix Ganz erforscht, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde.

Kom­mer­zi­en­rat Fe­lix Ganz war ein an­ge­se­he­ner Main­zer Bür­ger. Er war In­ha­ber der tra­di­ti­ons­rei­chen Fir­ma „Tep­pich Ganz“, ein Welt­kriegs­ve­teran und Be­sit­zer ei­ner her­aus­ra­gen­den Samm­lung ori­en­ta­li­scher und ost­asia­ti­scher Kunst. 1934 wur­de sei­ne Fir­ma ent­schä­di­gungs­los „ari­siert“, sei­ne Vil­la be­schlag­nahmt und dem Ge­sta­po­be­am­ten Adolf Weg­ner zu­ge­wie­sen. Fe­lix Ganz wur­de al­les ge­nom­men. Er muss­te fort­an in „Ju­den­häu­sern“ le­ben, wur­de 1942 mit sei­ner zwei­ten Frau Er­na nach The­re­si­en­stadt de­por­tiert und schließ­lich 1944 in Ausch­witz er­mor­det.

Was wur­de aus sei­nem Be­sitz, was aus sei­ner Kunst­samm­lung, den Bil­dern, Skulp­tu­ren, Zeich­nun­gen, Tep­pi­chen?

Der Fall des Händ­lers Fe­lix Ganz ist ei­nes von 25 For­schungs­pro­jek­ten, die ne­ben an­de­ren ab 2019 vom Deut­schen Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te in Mag­de­burg fi­nan­zi­ell un­ter­stützt wer­den. Im Ein­ver­ständ­nis mit dem in Lon­don le­ben­den Ur­en­kel Adam Ganz geht das In­sti­tut für Kunst­ge­schich­te und Mu­sik­wis­sen­schaft der Jo­han­nes Gu­ten­berg-Uni­ver­si­tät Mainz dem Fall nach, will Ver­bleib und ge­naue­re Um­stän­de des Ver­lus­tes klä­ren.

Der Vor­stand des Zen­trums Kul­tur­gut­ver­lus­te in Mag­de­burg hat nun auf Emp­feh­lung sei­nes För­der­bei­ra­tes „NS-Raub­gut“ in ei­ner zwei­ten An­trags­run­de 1,9 Mil­lio­nen Eu­ro für Pro­ve­ni­enz­for­schung an Mu­se­en, Bi­blio­the­ken, wis­sen­schaft­li­che Ein­rich­tun­gen so­wie für drei Pri­vat­per­so­nen be­wil­ligt. Ins­ge­samt hat das Zen­trum da­mit in die­sem Jahr vier Mil­lio­nen Eu­ro För­der­geld be­reit­ge­stellt, ei­ne Sum­me, die un­ge­fähr dem Vo­lu­men der Vor­jah­re ent­spricht.

Seit 2008 för­dern Bund und Län­der Pro­jek­te zur Pro­ve­ni­enz­for­schung, bis heu­te mit ins­ge­samt 31,7 Mil­lio­nen Eu­ro. Mit dem Geld konn­ten 331 Pro­jek­te rea­li­siert wer­den. Na­tio­nal und in­ter­na­tio­nal ist das Deut­sche Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te in Mag­de­burg der zen­tra­le An­sprech­part­ner zu al­len Fra­gen un­recht­mä­ßig ent­zo­ge­nen Kul­tur­gu­tes im 19. und 20. Jahr­hun­dert, das sich heu­te in Samm­lun­gen kul­tur­gut­be­wah­ren­der Ein­rich­tun­gen be­fin­det. An­trä­ge für län­ger­fris­ti­ge Pro­jek­te kön­nen je­weils bis zum 1. Ja­nu­ar und 1. Ju­ni ei­nes Jah­res ein­ge­reicht wer­den. Das Deut­sche Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te för­dert nicht nur For­schungs­pro­jek­te, es do­ku­men­tiert dar­über hin­aus Kul­tur­gut­ver­lus­te auch in sei­ner öf­fent­lich zu­gäng­li­chen Da­ten­bank „Lost Art“ als Such- und Fund­mel­dun­gen.

Ei­ne Über­sicht al­ler in die­ser An­trags­run­de be­wil­lig­ten Pro­jek­te be­fin­det sich im An­hang.