Beschlagnahmt, verkauft, versteigert – Jüdisches Kulturgut in den nichtstaatlichen Museen in Franken

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern
Bundesland:
Bayern
Ansprechpartner:
Christine Bach M.A.

Tel.+49 (0) 89 210140 49

E-Mailchristine.bach@blfd.bayern.de

Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Projekt der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern wählt eine deduktive Methode und nähert sich der Biographie einzelner Sammlungsstücke vom Archiv aus. So wird vom externen Archivgut auf das Museum als heutigen Besitzer geschlossen. Anders als bei Projekten zu Provenienzforschung zumeist üblich, wird kein zuvor definierter Museums- oder Bibliotheksbestand untersucht. Darüber hinaus wird ein Schwerpunkt auf der Region Franken liegen, um die kommunalen und regionalen Charakteristiken des Entzugs darstellen zu können. Franken besaß vor der NS-Zeit die bedeutendsten jüdischen Gemeinden in Bayern, in denen etwa zwei Drittel der bayerischen Juden lebten. Des Weiteren stehen nicht die Meisterwerke der bildenden Kunst im Vordergrund, sondern Kunsthandwerk, persönliche Wertgegenstände oder einfacher Hausrat. Diese Gegenstände waren wegen ihres regionalen Charakters interessant für kleinere und lokal ausgerichtete Museen.

Als Quellengrundlage werden vor allem die Würzburger Gestapo-Personenakten tiefenerschlossen; der zweitgrößte erhaltene Bestand überhaupt. In ihnen ist der schrittweise Entzug von Kulturgütern dokumentiert: von den Protokollen bei Wohnungsdurchsuchungen bis hin zu Beschlagnahmelisten und Versteigerungsprotokollen mit Namen der Käufer und Zuschlagspreisen. Museen konnten sowohl bei exklusiven Beschlagnahmungen wie auch bei den öffentlichen Auktionen in Erscheinung treten und sich an jüdischem Eigentum bereichern. Dem systematischen Raub fiel nicht nur die jüdische Oberschicht zum Opfer, sondern grundsätzlich jeder, der über ein paar Wertgegenstände verfügte. Die Wiedergutmachungsakten der Staatsarchive und personenbezogene Daten aus städtischen Archiven werden als Komplementärdarstellungen herangezogen. Das Projekt verspricht neue Einblicke sowohl in Täter- und Opferbiographien als auch in den Weg der mittel- und kleinstädtischen Verteilermasse.

Eine Auswertung der Gestapo- und Wiedergutmachungsakten kann den fränkischen nichtstaatlichen Museen wertvolle Hilfe bei der Überprüfung ihrer Bestände bis hin zur Restitution leisten. Die Studie wird aber nicht nur regional von Bedeutung sein; es ist davon auszugehen, dass der Verbleib von Objekten auch über die bayerischen Landesgrenzen hinaus und im internationalen Kontext nachvollzogen werden kann.

Das zweite Projekt der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern möchte weitere Museen bei der Provenienzrecherche unterstützen. Die Landesstelle sieht sich in diesem Projekt als Schnittstelle zwischen den Museen und den Archiven. Sie möchte das Bewusstsein für die Provenienzforschung auf beiden Seiten stärken.

(c) Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern