„Die schöne Sammlung im Hause Heinemann ist mir wohl bekannt“ – Forschungen zur Provenienz der Erwerbungen des Museums Lüneburg

Förderbereich:
NS-Raubgut
Zuwendungs­empfänger:
Museum Lüneburg
Bundesland:
Niedersachsen
Projekttyp:
Langfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das Museum Lüneburg ist der institutionelle Nachfolger des Museums für das Fürstentum Lüneburg, das von 1878 bis 2011 in der privaten Trägerschaft des Museumsvereins stand. Das von April 2014 bis März 2016 laufende Projekt zur Provenienzforschung widmet sich der Frage, wie dieses Museum in den Prozess der unrechtmäßigen Entziehung von Kunst- und Kulturgut eingebunden war. Angestrebt ist, die Provenienzforschung auch öffentlich wahrnehmbar als einen wichtigen Aspekt der Geschichte von Museum und Stadt in der NS-Zeit darzustellen.

Ergebnisse:

Aus museumseigenen Beständen und anderen Archiven konnte die Geschichte der „Arisierung des Eigentums der Lüneburger jüdischen Familie Heinemann 1939/40 rekonstruiert werden. Der Erwerb von Möbelstücken und Kunsthandwerk aus dem Nachlass von Marcus Heinemann durch den Museumsverein ist Bestandteil dieses Raubprozesses, der mit einer Auktion 1940 sein Ende fand. Wichtige Akteure sind sichtbar geworden: Oberbürgermeister, Regierungspräsident, Nachlassverwalter, Museumsdirektor und nicht zuletzt der Auktionator, der als Makler an fast allen Lüneburger Arisierungsvorgängen beteiligt war und zudem seit 1936 als Schatzmeister des Museumsvereins fungierte.

Umfangreiche Recherchen zur Großfamilie Heinemann (der 1908 gestorbene Marcus Heinemann hatte 17 Kinder) haben gezeigt, wie eng einige ihrer Mitglieder bis 1933 mit dem Museum verbunden waren. Vor allem aber haben sie zur Identifizierung von mehr als 50 Erben geführt. Zu mehr als dreißig von ihnen in den USA, Großbritannien, Israel, Holland und Deutschland besteht inzwischen ein guter Kontakt. Die Reaktionen auf die Recherchen des Museums waren durchweg positiv.

Darüber hinaus ist mit der Überprüfung aller ab 1933 vom Museumsverein erworbenen Objekte begonnen worden. Einzelne Verdachtsfälle werden zurzeit noch genauer recherchiert. Außerdem sind mit der Hilfe von Familienmitgliedern die Umstände einer Leihgabe durch Erben einer Lüneburger jüdischen Familie von 1949 untersucht worden, die zuvor in der Lokalpresse für heftige Angriffe auf das Museum gesorgt hatten.

Die Lokalpresse und örtliche Radiosender haben über das Projekt berichtet. Im April hielt die Projektbearbeiterin einen öffentlichen Vortrag zur Provenienzforschung innerhalb der Vortragsreihe des Museumsvereins. Einzelne Rechercheergebnisse sind in Ausstellungstexte zur NS-Zeit und zum jüdischen Leben eingeflossen, die mit der Eröffnung des neuen Museums am 1. März 2015 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden.

Auf Initiative einzelner Nachkommen gab es im Juli 2015 ein Treffen in Lüneburg, bei dem das Museum die unrechtmäßig erworbenen Objekte an die Erben zurückgegeben hat. Die Erben haben diese Objekte dann dem Museum als Leihgabe zur Verfügung gestellt (siehe Anlage). Schwierig bleibt indes die Identifizierung dieser nur sehr ungenau bezeichneten Objekte.

(c) Museum Lüneburg

Ausstellungen:
"Noch einmal nach der Herkunft fragen..." Provenienzforschung am Museum Lüneburg