Institut für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED): Erwerbungs- und Abgabestrategien im Netzwerk der Überweisungen von Kulturgut an das Museum für Deutsche Geschichte (MfDG)

Förderbereich:
SBZ / DDR
Zuwendungs­empfänger:
Deutsches Historisches Museum
Bundesland:
Berlin
Projekttyp:
Kurzfristig
Projektlaufzeit:
bis
Beschreibung:

Das hier vorgestellte Forschungsprojekt hatte zur Aufgabe, das knapp 41 Jahre bestehenden Institut für Marxismus und Leninismus beim Zentralkomitee (ZK) der Sozialistischen Einheitspartei Deutsch-lands (SED) näher zu untersuchen. Das Hauptaugenmerk bei der Recherche sollte dabei auf Erwerbungs- und Abgabestrategien im Netzwerk der Überweisungen von Kulturgut an andere Institutionen liegen. Dass es solche Objektverschiebungen überhaupt gegeben haben könnte, wurde durch eine Objektliste aus dem Deutschen Historischen Museum (DHM) belegt.

Im Ergebnis konnte festgestellt werden, dass das Institut für Marxismus und Leninismus (IML) von seiner Gründung 1949 bis zu seiner Auflösung 1990 eine stete Entwicklung durchlief, die sich durch eine Professionalisierung auf allen Ebenen auszeichnete. Von anfänglich unklaren Sammel- und Forschungsaufgaben, in der sich auch eine museale Sammlung am IML etablierte, kam es in den 1960er Jahren zu einer Schärfung des Aufgabenprofils. Im Zuge dessen kam es 1963 zur Gründung des Zentralen Parteiarchivs (ZPA) am IML. Im Vorfeld sollten die Bestände entsprechend der neuen Sammlungsaufgaben bereinigt werden. Hier wurde insbesondere das Museum für Deutsche Geschichte (MfDG) zu einem Empfänger der bisher im IML beherbergten „Objekte zur Geschichte der Arbeiter-bewegung. In der folgenden Phase bis zur Auflösung des Instituts kam es zu zahlreichen weiteren Übergaben von als museal wertvoll eingestuften Objekten an das Museum: Das Museum war der Ort, an dem diese Objekte zur Geltung gebracht werden sollten, das IML hingegen war der Ort, wo die Forschung dazu stattzufinden hatte. Diese teils großen Übergaben stammten primär aus den im IML gesammelten Nachlässen (darunter Objekte aus den Nachlässen von Otto Grotewohl und Walter Ul-bricht) oder aus dem Bereich der „Geschenke/Erinnerungen. Das ZPA hingegen spezialisierte sich in seinem Sammelauftrag klar auf archivalische Dokumente rund um die Forschungsthemen des IMLs.

Des Weiteren konnte bei der Aktenrecherche das IML nicht als Akteur oder Vermittler in den Verwertungsprozessen von Objekten mit Unrechtskontexten der NS-Zeit oder aus der Zeit der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)/DDR identifiziert werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Bestände frei von Verdachtsmomenten sind: Insbesondere in der Phase von 1949 bis Mitte der 1950er Jahre, in der die Forschungs- und Sammelaufgaben des Institutes unkonkret waren, erwarb man relativ viel aus den unterschiedlichsten Quellen. Wie andere Institutionen nach 1945, die an einem raschen Aufbau interessiert waren, spielten hier die Vorbesitzer*innen der Objekte keine Rolle. So ist zumindest für den Bereich der Bibliothek des IMLs nachweisbar, dass es bis in die 1960er Jahre zu Transporten aus dem Ermelerhaus und der Deutschen Staatsbibliothek gekommen war. Da sich besonders die Bestände im Ermelerhaus teils aus den „Gegnerbibliotheken des Reichssicherheitshauptamtes speisten, liegt hier die Vermutung nahe, dass es zur Übernahme von Objekten aus NS-Unrechtskontexten gekommen ist.

Eine „Drehscheibe für die Verteilung von Objekten mit Unrechtskontexten war das IML nach bisherigem Kenntnisstand allerdings nicht. Dennoch konnten die bisher gesichteten Akten keine klare Antwort darauf geben, woher das IML besonders seine dreidimensionalen Objekte in der Gründungs- und Konsolidierungsphase erhielt, noch welchen Zugriff das Institut auf in der DDR beschlagnahmtes Kulturgut qua Stellung als Abteilung des Zentralkomitees gehabt haben könnte. Hier müsste durch weitere, vertiefende Forschungen Klarheit geschaffen werden.

© Deutsches Historisches Museum