Bund, Länder und Kommunen beschließen Gründung des „Deutschen Zentrums Kulturgutverluste“ - Erfolgreiches kulturpolitisches Spitzentreffen in Essen

Die Kulturstaatsministerin des Bundes, Monika Grütters, die Kulturministerinnen und -minister der Länder und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände haben bei ihrem heutigen kulturpolitischen Spitzengespräch in Essen beschlossen, gemeinsam ein „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ zu gründen.

Die Kulturstaatsministerin des Bundes, Monika Grütters, die Kulturministerinnen und -minister der Länder und Vertreter der kommunalen Spitzenverbände haben bei ihrem heutigen kulturpolitischen Spitzengespräch in Essen beschlossen, gemeinsam ein „Deutsches Zentrum Kulturgutverluste“ zu gründen.

Das Zen­trum soll noch im lau­fen­den Jahr als ge­mein­sa­me Stif­tung bür­ger­li­chen Rechts in Mag­de­burg er­rich­tet wer­den. Stif­ter sind der Bund, die Län­der und die kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­de. Nach der Ver­ab­schie­dung des Vor­ha­bens im Bun­des­ka­bi­nett am 8. Ok­to­ber 2014 ist durch den Be­schluss der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz zu­sam­men mit den kom­mu­na­len Ver­tre­tern der ent­schei­den­de Schritt zur Grün­dung der Stif­tung auch auf Sei­ten der Län­der und Kom­mu­nen ge­tan.

Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin Mo­ni­ka Grüt­ters er­klär­te: „Die Grün­dung des ‚Deut­schen Zen­trums Kul­tur­gut­ver­lus­te‘ ein Jahr nach Be­kannt­wer­den des Falls Gur­litt ist ein wich­ti­ger Mei­len­stein auf dem Weg der Auf­ar­bei­tung des na­tio­nal­so­zia­lis­ti­schen Kunst­raubs in Deutsch­land. Es ist schlicht un­er­träg­lich, dass fast 70 Jah­re nach dem Sieg über den Na­zi­ter­ror im­mer noch Na­zi­raub­kunst in deut­schen Mu­se­en la­gert. Mit dem Zen­trum set­zen wir ein un­über­seh­ba­res Zei­chen, ein mo­ra­li­sches Si­gnal, das ge­ra­de auch auf je­ne Op­fer­bio­gra­fi­en ver­weist, die sich in der Ge­schich­te ge­raub­ter Kunst wi­der­spie­geln. Die­se darf man nicht ver­ges­sen, das über Ge­ne­ra­tio­nen rei­chen­de Leid nie re­la­ti­vie­ren. Al­lein die Tat­sa­che, dass sich Bund, Län­der und kom­mu­na­le Spit­zen­ver­bän­de in nur we­ni­gen Mo­na­ten auf die Grün­dung ei­ner sol­chen Ein­rich­tung mit höchst kom­ple­xer Auf­ga­ben­stel­lung ei­ni­gen konn­ten, zeugt von der Be­deu­tung, die Deutsch­land der Um­set­zung der ‚Wa­shing­to­ner Prin­zi­pi­en‘ bei­misst. Sie ist zu­gleich Be­leg für ei­nen ge­leb­ten ‚ko­ope­ra­ti­ven Kul­tur­fö­de­ra­lis­mus‘. Mit dem ‚Deut­schen Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te‘ wird es uns ge­mein­sam ge­lin­gen, die Pro­ve­ni­enz­for­schung zu NS-Raub­kunst zu bün­deln, zu stär­ken und aus­zu­bau­en und die Kom­mu­ni­ka­ti­on zwi­schen und mit al­len Ak­teu­ren er­heb­lich zu ver­bes­sern. Deutsch­land mo­der­ni­siert mit der Stif­tung die prak­ti­sche Raub­kunst­su­che in Mu­se­en, Bi­blio­the­ken und Ar­chi­ven nach­hal­tig.“

Die Prä­si­den­tin der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz, Mi­nis­te­rin Syl­via Löhr­mann, un­ter­streicht, dass Bund, Län­der und kom­mu­na­le Spit­zen­ver­bän­de mit der heu­te be­schlos­se­nen Stif­tungs­grün­dung ein Zei­chen set­zen für den Stel­len­wert, den die po­li­tisch Ver­ant­wort­li­chen al­ler Ebe­nen der Be­wäl­ti­gung der Fol­gen des bei­spiel­lo­sen Kunst­rau­bes des NS-Un­rechts­re­gi­mes noch heu­te bei­mes­sen. „Mein Dank gilt al­len, die in den ver­gan­ge­nen Mo­na­ten hoch en­ga­giert und kon­zen­triert dar­an ge­ar­bei­tet ha­ben, die Stif­tung ,Deut­sches Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te‘ auf den Weg zu brin­gen. Die­ses Ge­mein­schaftspro­jekt fügt sich in ei­ne ak­ti­ve Part­ner­schaft zwi­schen Bund, Län­dern und kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­den auf die­sem Ge­biet ein. Von der Zu­sam­men­ar­beit kön­nen al­le Sei­ten nur pro­fi­tie­ren. Po­li­tik und die von ihr ge­tra­ge­nen In­sti­tu­tio­nen ha­ben in der Ver­gan­gen­heit schon viel ge­leis­tet und wer­den ih­re An­stren­gun­gen auch wei­ter­hin fort­set­zen, bün­deln und aus­bau­en“, sag­te die Prä­si­den­tin der Kul­tus­mi­nis­ter­kon­fe­renz und nord­rhein-west­fä­li­sche Schul­mi­nis­te­rin Syl­via Löhr­mann.

Das „Deut­sche Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te“ wird na­tio­nal und in­ter­na­tio­nal der zen­tra­le An­sprech­part­ner in Deutsch­land zu Fra­gen der Um­set­zung der „Grund­sät­ze der Wa­shing­to­ner Kon­fe­renz in Be­zug auf Kunst­wer­ke, die von den Na­tio­nal­so­zia­lis­ten be­schlag­nahmt wur­den“ (Wa­shing­to­ner Prin­zi­pi­en) und der „Ge­mein­sa­men Er­klä­rung“ der Bun­des­re­gie­rung, der Län­der und der kom­mu­na­len Spit­zen­ver­bän­de zur Um­set­zung die­ser Prin­zi­pi­en sein. Es wird die Ko­or­di­nie­rungs­stel­le Mag­de­burg und die Ar­beits­stel­le für Pro­ve­ni­enz­for­schung un­ter ei­nem Dach ver­ei­nen, die un­ab­hän­gi­ge „Be­ra­ten­de Kom­mis­si­on“ un­ter Lei­tung der ehe­ma­li­gen Prä­si­den­tin des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, Frau Prof. Jut­ta Lim­bach, so­wie wei­te­re zen­tra­le Ak­teu­re der Pro­ve­ni­enz­for­schung (zum Bei­spiel ge­mein­nüt­zi­ge Ver­ei­ni­gun­gen von Pro­ve­ni­enz­for­sche­rin­nen und -for­schern oder die zeit­lich be­fris­te­te „Taskfor­ce Schwa­bin­ger Kunst­fund“) di­rekt un­ter­stüt­zen.

Das Zen­trum hat vor al­lem die Auf­ga­be, öf­fent­li­che Ein­rich­tun­gen bei der Su­che nach NS-Raub­kunst zu be­ra­ten und fi­nan­zi­ell zu un­ter­stüt­zen. Es soll zu­sätz­lich ein neu­es An­ge­bot für Pri­vat­samm­ler und Pri­vat­mu­se­en ent­wi­ckeln, die frei­wil­lig den „Wa­shing­to­ner Prin­zi­pi­en“ fol­gen. Die Stif­tung wird die Ver­net­zung der Pro­ve­ni­enz­for­schung vor­an­trei­ben, na­tio­na­le und in­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­tio­nen in­iti­ie­ren und be­glei­ten so­wie mit uni­ver­si­tär­en und au­ßeru­ni­ver­si­tär­en For­schungs-ein­rich­tun­gen ko­ope­rie­ren. In Um­set­zung des Ko­ali­ti­ons­ver­tra­ges, in dem auch die Auf­ar­bei­tung von Kul­tur­gut­ver­lus­ten in der SBZ/DDR als Auf­ga­be der Pro­ve­ni­enz­for­schung be­son­ders her­vor­ge­ho­ben wird, ist ein dem­ent­spre­chen­des Tä­tig­keits­feld der Stif­tung vor­ge­se­hen. Die bis­lang bei der Ko­or­di­nie­rungs­stel­le Mag­de­burg an­ge­sie­del­ten Do­ku­men­ta­ti­ons- und Be­ra­tungs­auf­ga­ben zu kriegs­be­dingt ver­brach­ten Kul­tur­gü­tern wer­den fort­ge­führt. Die Stif­tungs­sat­zung schafft zu­dem die Vor­aus­set­zung, Bund und Län­der bei der Wei­ter­füh­rung des Pro­jekts „Web­si­te Kul­tur­gut­schutz Deutsch­land und Da­ten­bank na­tio­nal wert­vol­les Kul­tur­gut“ zu un­ter­stüt­zen.

Die Stif­tung soll mit ei­nem Mit­ar­bei­ter­stab von zu­nächst 20 Per­so­nen die Ar­beit auf­neh­men, dar­un­ter die bis­he­ri­gen Be­schäf­tig­ten der Ar­beits­stel­le für Pro­ve­ni­enz­for­schung und der Ko­or­di­nie­rungs­stel­le Mag­de­burg. Die stei­gen­de Mit­ar­bei­ter­zahl trägt dem Um­stand Rech­nung, dass das Zen­trum ne­ben den bis­he­ri­gen Tä­tig­kei­ten auch neue Auf­ga­ben er­fül­len muss, zum Bei­spiel neue För­der­an­ge­bo­te und ei­ne ak­ti­ve Öf­fent­lich­keits­ar­beit auf­bau­en wird.

Das „Deut­sche Zen­trum Kul­tur­gut­ver­lus­te“ er­hält ne­ben den Bei­trä­gen al­ler Stif­ter zum Stif­tungs­ka­pi­tal jähr­li­che Zu­wen­dun­gen von Bund und Län­dern. Die Stif­tung star­tet noch 2014 mit ei­ner För­de­rung von min­des­tens 4 Mil­lio­nen Eu­ro aus dem Haus­halt der Kul­tur­staats­mi­nis­te­rin. Für den Be­reich Pro­ve­ni­enz­for­schung wird der Bund dann ab 2015 ins­ge­samt 6 Mil­lio­nen Eu­ro zur Ver­fü­gung stel­len. Die Län­der wer­den zu­sätz­lich zur Mit­fi­nan­zie­rung der de­zen­tra­len Pro­ve­ni­enz­for­schung ih­re bis­he­ri­gen En­ga­ge­ments für die Ko­or­di­nie­rungs­stel­le Mag­de­burg und die Ar­beits­stel­le für Pro­ve­ni­enz­for­schung in Hö­he von 608.000 Eu­ro pro Jahr auf das Zen­trum über­lei­ten.

Ge­gen­stand des kul­tur­po­li­ti­schen Spit­zen­ge­sprächs wa­ren au­ßer­dem Fra­gen zur an­ste­hen­den No­vel­lie­rung des Kul­tur­gut­schutz­ge­set­zes, zur so­ge­nann­ten Di­gi­ta­len Di­vi­den­de und ei­ne In­itia­ti­ve für ein Eu­ro­päi­sches Jahr des kul­tu­rel­len Er­bes. Staats­mi­nis­te­rin Grüt­ters be­rich­te­te zu­dem über den ge­gen­wär­ti­gen Ver­hand­lungs­stand des ge­plan­ten Frei-han­dels­ab­kom­mens zwi­schen der EU und den USA (TTIP). Mit dem kul­tur­po­li­ti­schen Spit­zen­ge­spräch wird ein Ziel des Ko­ali­ti­ons­ver­trags um­ge­setzt. Bund und Län­der wir­ken bei der Pla­nung und Fi­nan­zie­rung in­ten­si­ver und sys­te­ma­ti­scher zu­sam­men (ko­ope­ra­ti­ver Kul­tur­fö­de­ra­lis­mus). Mit ei­nem ers­ten Tref­fen auf Ein­la­dung der Be­auf­trag­ten der Bun­des­re­gie­rung für Kul­tur und Me­di­en im März 2014 in Ber­lin wur­de ein re­gel­mä­ßi­ger Aus­tausch zwi­schen Bund, Län­dern und Kom­mu­nen eta­bliert, in den auch die Kul­tur­stif­tun­gen des Bun­des und der Län­der ein­be­zo­gen wer­den.

Pres­se­mit­tei­lung auf der Sei­te des Pres­se- und In­for­ma­ti­ons­am­tes der Bun­des­re­gie­rung