Deutsches Zentrum Kulturgutverluste startet Pilotprojekte zur Grundlagenforschung über Kulturgutverluste in der Sowjetischen Besatzungszone und in der DDR
Erstmalig startet das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste am 1. September 2017 zwei Projekte, mit denen Enteignungen von Kulturgütern in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und in der DDR grundlegend erforscht werden sollen. Mit dem Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung e.V. (HAIT) an der TU Dresden und dem Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) konnten dafür zwei wichtige Partner gewonnen werden. Basis für die Arbeit des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste in diesem Bereich bildet ein Beschluss des Stiftungsrates. Aus den Erkenntnissen der Pilotprojekte wird das Zentrum ein mittel- und längerfristiges Förderkonzept zu Forschungen über Kulturgüter entwickeln, die im Zusammenhang mit Verfolgungs- und Willkürmaßnahmen in der SBZ und in der DDR entzogen worden oder abhandengekommen sind.
In Kooperation mit dem HAIT ist geplant, die sogenannte „Aktion Licht“ wissenschaftlich aufzuarbeiten. Bei dieser geheimen Aktion des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) wurden im Januar 1962 seit 1945 noch verschlossene Tresore, Depots, Gewölbe und Keller nichtprivater Liegenschaften (z.B. Banken) geöffnet und geleert. Der Inhalt (z. B. Schmuck, Münzen, Wertpapiere, Briefmarken, Kunstwerke aller Art, Noten, Autographen, Dokumente) wurde auf unterschiedlichste Art verwertet. Informationen über Anlass, Ablauf und Akteure, vor allem aber Art, Umfang und Schicksal der dabei gefundenen Kulturgüter, die Aktenlage und die Möglichkeiten, heute noch den Herkunftsverlauf von beschlagnahmtem Kulturgut zu ermitteln, sollen zum Ende des Projektes erstmals für die Forschungsgemeinschaft zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt mit dem HAIT ist zunächst auf zwei Jahre befristet.
In einem weiteren Projekt mit dem BStU wird ein Spezialinventar entstehen, das ausgewählte Aktenbestände des MfS zur Entziehung von Kunst- und Kulturgut in SBZ und in der DDR auf die Bedürfnisse der Provenienzforschung abgestimmt erfasst. Die Ergebnisse werden in einem sogenannten „Findbuch“ in gedruckter und elektronischer Form als Recherchewerkzeug zur Verfügung stehen. Es soll einen schnellen Zugriff auf Aktenbestände zum Umgang des MfS mit Kulturgütern (Entzug, Lagerung und Transfer) ermöglichen. Eine Besonderheit dieser Kooperation ist die Nutzung vorhandener Kompetenzen: Die archivalische Erschließung erfolgt durch Mitarbeiter des Stasi-Unterlagen-Archivs, die inhaltlich-wissenschaftlichen Vorgaben werden durch Mitarbeiter des Zentrums erarbeitet. Das Projekt ist zunächst auf sechs Monate angelegt.