Bücher aus der NS-verfolgungsbedingt entzogenen Bibliothek von August Liebmann Mayer in der Bibliothek des ZI
PD Dr. Christian Fuhrmeister
PositionProjektbetreuung
E-Mailc.fuhrmeister@zikg.eu
Dr. Stephan Klingen
PositionLeiter der Photothek, Leiter EDV
E-Mails.klingen@zikg.eu
Ausgangsfrage
Im Jahre 1942 beschlagnahmte der „Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) in Paris die Privatbibliothek des jüdischen Kunsthistorikers August Liebmann Mayer (1885-1944), der 1936 von München nach Frankreich emigriert war. Seine Fachbibliothek sollte an Hermann Göring gehen, wurde dann aber vom ERR aus Luftschutzgründen nach Schloß Kogl ausgelagert, wo die Amerikaner sie fanden und in den Central Collecting Point (CCP) nach München verbrachten. Der CCP übergab die Bücher am 3. Mai 1947 an die Bibliothek des gerade gegründeten Zentralinstituts für Kunstgeschichte.
Nach ersten Recherchen durch Susanne Kienlechner und PD Dr. Christian Fuhrmeister wurde klar, dass in der Bibliothek des ZI Bücher von Mayer verblieben sind und sich bis heute dort befinden.
Es handelt sich bei Mayers Privatbibliothek um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut, für das gemäß der Washington Principles von 1998 eine „gerechte und faire Lösung gefunden werden muss.
Zielsetzung
Ziel des (kurzfristigen) Projekts war, Gewissheit über einzelne Bücher aus dem Besitz von August Liebmann Mayer zu gewinnen, die sich in der Bibliothek des Zentralinstituts für Kunstgeschichte befinden und diese zu restituieren. Besondere Eile war und ist geboten, da die (kinderlose) Tochter bereits über 85 Jahre alt ist und seit 2014 in einem Alters- bzw. Pflegeheim in Los Angeles betreut wird. Zudem hatte der von ihr beauftragte Rechtsvertreter (RA Markus Stötzel, Marburg) angedeutet, dass er gegenüber dem ZI eine Forderung auf Herausgabe von Büchern mit Provenienz Mayer erwägt.
Projekt in Zahlen
Von den derzeit rund 573.000 Büchern im Bestand der ZI-Bibliothek stammen rund 52.000 aus der Einarbeitungszeit des vom CCP übertragenen Grundstocks der Bibliothek und waren daher zu prüfen.
Systematisch und detailliert wurden im Laufe des Projekts ca. 21.000 Bücher geprüft. Sie wurden deshalb fokussiert, weil ihre thematische Ausrichtung entweder mit Mayers eigenen Veröffentlichungen oder mit den von ihm bekanntermaßen besonders intensiv bearbeiteten Forschungsfeldern korreliert.
Soweit ersichtlich, sind
- sieben Werke eindeutig als aus dem Eigentum von A. L. Mayer stammend anzusprechen und
- 16 Werke mit hinreichenden Indizien versehen, die eine Zuordnung als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen und daher in Abwägung aller Faktoren und entsprechend der Maßgaben der Washington Principles unseres Erachtens ebenfalls als NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut anzusprechen.
Bezogen auf die Prüfmenge von rund 21.000 Bänden beläuft sich der Anteil der an die Tochter von A.L. Mayer zu restituierenden Werke somit auf 0,1 Prozent.
Transparenz
- Projektwebsite auf der Homepage des ZI: http://www.zikg.eu/projekte/projekte-zi/buecher-aus-der-ns-verfolgungsbedingt-entzogenen-bibliothek-von-august-liebmann-mayer-in-der-bibliothek-des-zi
- Geplante öffentliche Restitution der Bücher an den Rechtsvertreter der Erbin Angelika Mayer im Rahmen des 8. Kolloquiums zur Provenienz- und Sammlungsforschung im ZI am 30. November 2016
- Entsprechende Eintragung im OPAC des ZI bzw. kubikat (und damit auch im Art Discovery Group Catalogue)
- Möglicherweise Präsentation des Projekts bei der internationalen Tagung „Where are the libraries that were looted by the Nazis? Identification and restoration: a work in progress in Paris im März 2017 (Bewerbung auf Call for Papers wurde fristgerecht eingereicht)
(c) Zentralinstituts für Kunstgeschichte
- Die Kunsthändlerfamilie Julius, Selma, Hedy und Max Stern und die Geschichte der Galerie Stern, 1913 - 1987. Internationales Kooperationsprojekt zur Rekonstruktion einer exemplarischen deutsch-jüdischen Familiengeschichte: The Stern Cooperation Project
- Die Kunsthandlungen und Auktionshäuser von Adolf Weinmüller in München und Wien 1936-1945
- Fund von annotierten Auktionskatalogen der Firmen Adolf Weinmüllers in München 1936-1943 und Wien 1938-1944
- „Führerbau-Diebstahl“. Rekonstruktion des Bestandes im sog. Führerbau in München – Recherchen zum Verbleib der verschwundenen Objekte
- Das Münchener Kunstversteigerungshaus Adolf Weinmüller 1945-1968
- Vorstudie zur Rekonstruktion des Besitzes von Kunst- und Kulturgut, über das Baldur von Schirach und seine Ehefrau Henriette zwischen 1933 und 1945 verfügten — unter besonderer Berücksichtigung der Aktivitäten Henriette von Schirachs zur
- Erschließung und Dokumentation des Archivs der Kunsthandlung Julius Böhler (München, Luzern, Berlin und New York)
- Dokumentation und Kontextualisierung von Translokationen. Auf- und Ausbau der im Zuge des Projekts zum „Führerbau-Diebstahl 1945“ entwickelten WissKI-Datenbank zu einer zentralen Plattform für die Erfassung und Auswertung der Quellen zum CCP
- Entwicklung, Einrichtung und Betrieb eines Prototyps einer webbasierten Datenbank zur dezentralen Erfassung, Redaktion, Augmentierung und skalierbaren Präsentation von historischen Auktionsdaten auf der Basis des Datenmaterials der annotierten